„Zukunft braucht Vergangenheit“

Unter dem Motto „Zukunft braucht Vergangenheit“ fand am 5. September 2021 traditionell im Grenzdurchgangslager Friedland die zentrale Gedenkfeier der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland statt – federführend organisiert von Lilli Bischoff, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen.

Kranzniederlegung an der Friedlandglocke

Unter den etwa 150 geladenen Gästen fanden sich unter anderem Persönlichkeiten wie Boris Pistorius (Innenminister des Landes Niedersachsen), Dr. Bernd Fabritius (Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten), Doris Schröder-Köpf (Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe) sowie Johann Thießen (Bundesvorsitzender der LmDR) wieder. Der Niedersächsische Ministerpräsident, Stephan Weil, äußerte sich mittels eines Videogrußwortes. Das BKDR war mit einem Info- und Buchstand sowie der Wanderausstellung „Grundlinien russlanddeutscher Geschichte“ vor Ort und ließ ebenfalls einen Kranz an der Friedlandglocke niederlegen.

Boris Pistorius hob in seiner Festrede hervor, dass das Grenzdurchgangslager in Friedland seit Jahrzehnten ein „Symbol der Freiheit und Nächstenliebe“ für Aussiedler darstellt. Dr. Bernd Fabritius wies darauf hin, dass die Deutschen aus Russland ein elementarer Bestandteil der deutschen Gesellschaft sind und eine facettenreiche Kultur besitzen. Darüber hinaus machte er deutlich, dass das Tor für die Deutschen aus Russland immer geöffnet sei – und dies solle auch weiterhin so bleiben!

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Kranzniederlegung in Engels

Anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation der Deutschen in der Sowjetunion wurde am 28. August 2021 in Engels am Denkmal der russlanddeutschen Opfer der Repressionen in der UdSSR eine Kranzniederlegung vorgenommen, an der das Bayerische Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) neben der Katholischen Kirche Südrusslands, der Katholischen Kirche im Ural, Sibirien und Fernen Osten sowie den lutherischen Gemeinden in Saratow und Marx aktiv beteiligt war.

„Wir gedenken der russlanddeutschen Opfer des Stalinismus“

Unter den Gästen waren unter anderem Elena Geydt, Leiterin der NKA der Russlanddeutschen in Marx, die katholischen Bischöfe Clemens Pickel und Joseph Werth sowie die evangelischen Pastoren Andrey Djamgarov und Jakob Rüb aus Saratow und Marx.

Darüber hinaus wurde der 28. August 2021 zum Anlass genommen, um ein Gedenkkreuz auf dem Areal des ehemaligen Dorfes Schönchen (Paninskoje), das heute leider nicht mehr existiert, einzuweihen.

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„Die Republik der Wolgadeutschen“ von Arkadi German erschienen

Aus dem Russischen von Christine Hengevoß

Anlässlich des 80. Jahrestags der Deportation der Russlanddeutschen in der UdSSR

In der vorliegenden Publikation beleuchtet der renommierte Historiker Arkadi German detailreich die Geschichte der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen (ASSR der WD). German war der erste Historiker, der in den 1990er-Jahren eine derart umfangreiche und in wissenschaftlichen Kreisen viel beachtete Monografie unter dem Titel „Respublika nemcev povolžja“ auf Russisch vorgelegt hatte. Auf der Grundlage von Archivmaterialien und weiteren Quellen untersucht German jene Faktoren, die zur Bildung der territorialen Autonomie geführt haben, zeigt die Rolle der Wolgadeutschen in den Zeiten des Bürgerkriegs und des Kriegskommunismus auf, analysiert die wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Besonderheiten der Entwicklung während der einzelnen historischen Phasen: in den Jahren der sogenannten „Neuen ökonomischen Politik“ (NÖP), der ersten zwei Fünfjahrespläne, am Vorabend und in den ersten Monaten des deutsch-sowjetischen Krieges. Besonderes Augenmerk legt German auf die Thematik der Liquidierung der ASSR der WD und der Deportation der deutschen Bevölkerung nach Sibirien und Kasachstan im Jahr 1941. Das Buch richtet sich ebenso an das Fachpublikum wie an einen breiten Kreis von Leserinnen und Lesern.

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VERFOLGT-ENTRECHTET-ENTEIGNET – Eine Gedenkschrift anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation

Am 28. August 2021 jährt sich zum 80. Mal der berüchtigte Erlass der obersten Staatsgewalt der UdSSR, der die Auflösung der Autonomen Republik der Wolgadeutschen und die Deportation der Deutschen in der Sowjetunion zur Folge hatte.
Das Bayerische Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) gab aus diesem Anlass eine Gedenkschrift heraus. Anhand von aussagekräftigen und teils bisher noch nicht veröffentlichten zeitgenössischen Dokumenten wie z. B. Zeitungsartikeln, Archivzeugnissen, geheimen Staatsverordnungen, Behördenkorrespondenz oder privaten Briefen wird der Weg der Verfolgung, Entrechtung, Enteignung und Diskriminierung der sowjetischen bzw. russischen „Bürger deutscher Nationalität“ von 1941 bis heute detailliert nachgezeichnet.

Zu den darin abgedruckten russischsprachigen Originalschriftstücken bieten wir jeweils eine deutsche Textfassung an. Diese dokumentarische Gedenkschrift wurde von unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter, Dr. Viktor Krieger, konzipiert und dient der weiteren Aufarbeitung des Schicksals bzw. der Geschichte der Bundesbürger mit russlanddeutschem Hintergrund. Somit setzt sich das BKDR konsequent für eine sachkundige Geschichtsvermittlung ein.

Wir würden uns freuen, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, diese Schrift weiterempfehlen würden. Für Fragen stehen wir Ihnen, vor allem unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Viktor Krieger, selbstverständlich zur Verfügung. Gegen eine geringfügige Versandpauschale in Höhe von 3,- EUR können Sie ab sofort eine gedruckte Fassung dieser Broschüre erhalten.

„Verfolgt-Entrechtet-Enteignet. Zum 80. Jahrestag der Deportation der Russlanddeutschen in der UdSSR. Eine dokumentarische Gedenkschrift.“

ISBN 978-3-948589-30-1

E-Mail: kontakt@bkdr.de; Tel.: 0911-89219599

Treten Sie gerne mit uns in Kontakt!

Internationale Konferenz zum 80. Jahrestag der Deportation der Deutschen aus Russland

Bischof Clemens Pickel anlässlich der internationalen Konferenz zum 80. Jahrestag der Deportation der Deutschen aus Russland.

Vom 20. – 22. August 2021 hat das BKDR gemeinsam mit seinen Partnern der deutschen National-kulturellen Autonomie des Bezirks Marx sowie der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen eine internationale wissenschaftliche Konferenz in Russland in den drei Städten Marx (Heimatmuseum), Engels (Historisches Archiv der Wolgadeutschen) sowie Saratow organisiert und durchgeführt. Anlass hierfür war der anstehende 80. Jahrestag der Deportation der Deutschen aus Russland am 28. August 2021. Die TeilnehmerInnen behandelten unter anderem die Problematiken der Vorkriegsgeschichte der Deutschen in Russland, die Situation im Wolgagebiet, die Deportation selbst sowie die Geschichte der Deutschen in der UdSSR während des Zweiten Weltkriegs. Auch die Zeit der Sowjetdeutschen in der postsowjetischen Periode der UdSSR spielte eine elementare Rolle bei der Konferenz.

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Rauminstallation „Im Fluss der Zeit“

„Was ist meine Heimat?“ – Diese Frage scheint durch das Gewebe der russlanddeutschen Geschichte, mit ihren vielen Schicksalen und Biografien. Der Heimatbegriff war, ist und bleibt weiterhin aktuell, weil wir darüber diskutieren, nachdenken und danach suchen. So bleibt „Heimat“ unser ständiger Begleiter im Fluss der Zeit.

Teil der Modellansicht der BKDR-Rauminstallation.

„Im Fluss der Zeit“ ist eine Rauminstallation, die als begehbares interaktives Kunstobjekt konzipiert ist und neue Perspektiven auf die Kultur und Geschichte der Deutschen aus Russland öffnet. Sie bietet dem Betrachter die Möglichkeit, in die Geschichte dieser Schicksalsgemeinschaft einzutauchen, zu fühlen und sich in das historische Geschehen hineinzuversetzen. Dieses besondere Erlebnis wird durch gestalterische Akzente und multimediale Komponenten unterstützt.

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Konferenzen und Vorträge

Unser wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dr. Viktor Krieger, nahm in den vergangenen Wochen an mehreren auswärtigen Veranstaltungen teil, in denen unterschiedliche Aspekte der historischen und kulturellen Entwicklungen der Russlanddeutschen aufgegriffen wurden. Nachfolgend präsentieren wir Ihnen aufgrund der Nachfrage eine kurze Auswahl mit einigen weiterführenden Links zur Selbstrecherche sowie einschlägigen Dateien zur selbstständigen Wissensaneignung.

Russlanddeutsche und ihre Geschichte

Am 17. Juni 2021 referierte Dr. Krieger an der Universität Passau in der virtuellen Vortragsreihe „Perspektive Osteuropa“, die unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Wünsch konzipiert und von Danny Jurjević koordiniert wurde, zum Thema: „Russlanddeutsche und ihre Geschichte.“

Es ging vornehmlich um die Besonderheiten der Erinnerungskultur und des kollektiven Gedächtnisses der russlanddeutschen Bundesbürger.

Eingangs stellte Dr. Krieger fest, dass „im kollektiven Gedächtnis jeder sozialen, nationalen oder religiösen Gemeinschaft nur solche geschichtlichen Ereignisse verankert werden, die von der Mehrheit des jeweiligen Kollektivs unmittelbar miterlebt wurden und die Existenz und das Bewusstsein der nachfolgenden Generationen entschieden beeinflusst haben.

Das zentrale Erinnerungsnarrativ der Russlanddeutschen sei maßgeblich von Ausgrenzungs-, Leidens- und Opfererfahrungen während der kommunistischen Herrschaft geprägt: Zwischen 1917 und 1948 sind schätzungsweise etwa 480 000 deutsche Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer verhungert, im Archipel GULag umgekommen, an den Folgen der Deportation und Flucht verstorben oder erschossen worden. Für eine Ethnie, die Anfang der 50er Jahre lediglich ca. 1,35 Millionen Menschen zählte, ist dies eine beträchtliche Zahl.

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„Der Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR über die Aussiedlung der Deutschen […] sei nicht richtig.“ – ein Zeugnis der Standhaftigkeit und des Mutes aus dem Jahr 1945

Vor uns liegt ein bemerkenswertes Dokument aus den Federn eines inhaftierten wolgadeutschen Kommunisten, der während seiner Haft (!) im Jahr 1945 die Politik der Sowjetführung gegenüber ihren deutschen Bürgern unverhohlen missbilligte. Sich in solch einer prekären Situation dermaßen kritisch zu äußern, war ziemlich mutig.

Hier finden Sie die deutsche Übersetzung zu den oben angeführten Aussagen von Iwan (Johann) Becker:

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Michael Frieser (MdB) beim BKDR

Michael Frieser, Mitglied des Deutschen Bundestages, besuchte am vergangenen Freitag das BKDR und informierte sich aus erster Hand über die vielfältige Arbeit des Kulturzentrums. Er betonte den Leuchtturm-Charakter unserer Einrichtung, die bundesweit einmalig ist. Frieser bestätigte auch die zunehmende Sichtbarkeit der Deutschen aus Russland in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Eine positive Entwicklung, die ihn persönlich sehr freue.

Michael Frieser (links), Mitglied des Deutschen Bundestages, mit dem Kulturzentrumsleiter Waldemar Eisenbraun.

Hartmut Koschyk beim BKDR

Der ehemalige Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Hartmut Koschyk, nahm an der BKDR-Videoreihe „Akademische Viertelstunde“ teil. In Zusammenwirkung mit dem Projektleiter der Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“, Dr. Marco Just Quiles, entstand ein interessanter Beitrag über Russlanddeutsche in Südamerika. Anschließend fand ein reger Austausch über geplante Maßnahmen und mögliche Kooperationsprojekte statt.

© BKDR, v. l. n. r: Dr. Marco Just Quiles, Hartmut Koschyk und Waldemar Eisenbraun.

Prof. Dr. Bernd Fabritius beim BKDR

Heute war Prof. Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, beim Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) zu Gast.

Neben der Aufzeichnung eines Vortrages im Rahmen des BKDR-Medienprojektes „Akademische Viertelstunde“ stand ein Gespräch bzgl. der Digitalisierungsmöglichkeiten sowie des erleichterten Zugangs zu Archiven in Russland und anderen Nachfolgestaaten der UdSSR an der Tagesordnung, um umfassende Recherchen zu Persönlichkeiten und Ereignissen der russlanddeutschen Geschichte zu ermöglichen.

Prof. Dr. Bernd Fabritius (Mitte), Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, beim Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR).

Neues Buch von Sergey Terekhin im BKDR Verlag erschienen

Reihe „Deutsches Architekturerbe im Ausland“, Band 1, „Das deutsche Architekturerbe in den Städten Russlands“

Der vorliegende zweisprachige Bildband (Deutsch und Russisch) von Sergey Terekhin eröffnet eine neue Reihe von Publikationen des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland (BKDR) mit dem Titel „Deutsches Architekturerbe im Ausland.“ Diese Reihe stellt die markantesten Baudenkmäler der deutschen materiellen Kultur außerhalb Deutschlands vor. Das erste Buch zeigt einige typische Beispiele des in russischen Städten vorzufindenden deutschen Architekturerbes. Dieses Kulturerbe ist äußerst vielfältig. Anhand einer Auswahl typischer Beispiele werden die Konturen dieser zahlreichen Zeugnisse widergespiegelt.

Sergey Terekhin, ISBN 978-3-948589-16-5, 64 S., Hardcover, Querformat: 17 x 24 cm, Preis: 17,- € (D)

Sämtliche vom BKDR herausgegebenen Bücher finden Sie in unserem Bestellkatalog: www.bkdr.de/link/bestellkatalog   

Bestellungen unter der E-Mail: kontakt@bkdr.de oder telefonisch: 0911-89219599

Wegen eines Auswanderungswunsches – Einweisung ins Konzentrationslager

Die Auswanderung stellte in der Geschichte der russlanddeutschen Minderheit stets ein bewährtes Mittel dar, den als unzumutbar und bedrückend empfundenen sozioökonomischen oder politischen Bedingungen des Heimatlandes zu entkommen. Während in der Zeit vor 1914 v.a. sozioökonomische Faktoren dominierten, verlagerte sich nach der bolschewistischen Machtergreifung hingegen die Motivation zur Auswanderung in den politisch-gesellschaftlichen Bereich. Die kommunistischen Machthaber, die großen Wert auf außenpolitische Geltung legten und eine welthistorische Überlegenheit der neuen gesellschaftlichen Ordnung proklamierten, betrachteten ein Auswanderungs- bzw. Ausreisebegehren von Anfang an als besonders schwerwiegende antisowjetische Tat. Bis Mitte der 1980er Jahre wurden derartige Bestrebungen nicht nur mit propagandistischen, sondern nicht selten auch mit strafrechtlichen Mitteln bekämpft.

Eine besonders starke Auswanderungsbewegung entstand in den deutschen Siedlungen der UdSSR Ende der 1920er Jahre als Protest gegen die Zwangskollektivierung, die Verbannung von wohlhabenden Bauern – der sog. Kulaken – sowie die Verfolgung der Religion. Einer von vielen öffentlichen und v.a. geheimen Prozessen dieser Jahre stellt die Strafsache gegen sechs Personen aus der Siedlung Zebrikowo („Hoffnungstal“), die sich im Bezirk (ab September 1930: Gebiet) Odessa befand, dar:

  • Schirozki, Wadim (geb. 1894), Rechtsanwalt;
  • Krause, Karl (1877), Privathandwerker, ehem. Gutsbesitzer;
  • Krause, Eduard (1882), beschäftigungslos, Sohn eines Gutsbesitzers;
  • Krause, Georg (1911), Privathandwerker, Sohn von K. Krause;
  • Keller, Andrej (1872), Privatbauer, ehem. Gutsbesitzer;
  • Hick, Wilhelm (1887), Sohn eines wohlhabenden Bauern, Inhaber eines PKWs, Privatbesitzer. 
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80. Jahrestag – Hitlerfeldzug gegen die Sowjetunion

Heute jährt sich zum 80. Mal der Angriff NS-Deutschlands auf die UdSSR. Der „Große Vaterländische Krieg“ hatte unzählige Opfer zur Folge und brachte viel Leid für alle Völker der Sowjetunion, aber letztendlich auch für Europa. Für die Angehörigen der deutschen Minderheit in der damaligen Sowjetunion wirken die Kriegsfolgen bis heute nach.

Auszug aus der Propagandazeitung „Die Wahrheit“ vom 17. Juli 1941 mit einem Aufruf wolgadeutscher Bauern.

Eine Zeitlang schien es, dass den deutschen Sowjetbürgern eine Sonderbehandlung erspart bleiben würde. Ähnlich wie alle anderen meldeten sich Tausende Freiwillige aus ihren Reihen, bereit zum bewaffneten Kampf gegen den „faschistischen Aggressor“ (sowjetischer Sprachgebrauch). In der öffentlichen Ansprache vom 3. Juli 1941 beschwor Josef Stalin die „unverbrüchliche Freundschaft“ aller Sowjetvölker und zählte anfangs zu den Verbündeten – der Idee des proletarischen Internationalismus folgend – sogar das „reichsdeutsche [russ.: germanski] Volk, das von den faschistischen Machthabern versklavt wurde.“

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Begegnung, Bildung, Vernetzung – Praxis im Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland

Stanimir Bugar vom Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland.

In der vergangenen Woche hat Stanimir Bugar, verantwortlich für die Bereiche Eventmanagement und PR/Social Media, in der „Osteuropa-Lounge“ der Initiative Perspektive Osteuropa (Universität Passau) einen Vortrag zum Thema „Begegnung, Bildung, Vernetzung – Praxis im Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland“ gehalten.

Nach einem geschichtlichen Umriss zur Thematik der Deutschen aus Russland sowie einigen Zahlen aus der heutigen Zeit ging Bugar auf die Entstehungsgeschichte des BKDR ein – von den Bemühungen der LmDR bis hin zur feierlichen Schlüsselübergabe durch den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder am 18. Januar 2019.

Es folgte die Vorstellung der Wirkungsbereiche und Schwerpunkte des Kulturzentrums sowie der Hinweis auf die nachhaltige Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern im In- und Ausland und den damit verbundenen grenzüberschreitenden Aktivitäten. Im praktischen Teil wurde die Konzeption des Kulturzentrums unter anderem anhand bereits durchgeführter Veranstaltungen sowie der Vorstellung etwaiger Medienprojekte in Zeiten von Corona und Publikationen genauer durchleuchtet.

Ein Lagerbrief aus dem Jahr 1944

In der Fortsetzung unserer Beschäftigung mit dem düsteren Kapitel der russlanddeutschen Geschichte – dem 80. Jahrestag des Beginns der Verfolgung und Diskriminierung der „Sowjetbürger deutscher Nationalität“ – publizieren wir mit dem Dokument des Monats „Mai“ einen Brief aus einem Zwangsarbeitslager, den Oskar Schulz am 5. Februar 1944 geschrieben hat. 

Frontbild eines Auszuges des Lagerbriefes von Oskar Schulz (1944).

Oskar Schulz ist am 16. Januar 1927 im deutschen Dorf Heimtal, Wolhynien, geboren. 1935 wurde die Familie dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Sie wurden zunächst auf die Krim ins deutsche Dorf Zürichtal und danach nach Kasachstan gebracht. 

Im Januar 1943 wurde der gerade einmal 16-jährige Oskar zur Zwangsarbeit ins Erdölkombinat „Kasneftkombinat“ ausgehoben, das sich am Kaspischen Meer befand. In einer „Kinderbrigade“ der erst 15- bis 16-jährigen Deutschen musste er schwere Erdarbeiten in den Förderfeldern „Dossor“ und „Makat“ verrichten. Er rettete sich durch eine gelungene Flucht sowie einem zeitweiligen Aufenthalt unter dem Namen eines Russen mit tatarischen Wurzeln. Sein Name während dieser Zeit: Geltzow, Askat.

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„Identität zwischen allen Stühlen“

Unser wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dr. Viktor Krieger, nahm per Videoschalte am Erzählpodium „Identität zwischen allen Stühlen“ teil, das im Rahmen der europäischen Kulturtage in Karlsruhe vom Kulturamt sowie dem Stadtmuseum in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg veranstaltet wurde.

Es ging um persönliche Erfahrungsberichte der anwesenden Russlanddeutschen verschiedener Altersgruppen aus der Stadt Karlsruhe, die ihre Lebenserfahrungen in der einstigen UdSSR bzw. in den GUS-Ländern und vor allem in Deutschland schilderten. Dr. Krieger sorgte mit seiner Expertise für die historische Einbettung der präsentierten Zeitzeugenaussagen. In seinem Schlusswort wies er auf die entscheidende Bedeutung des Kriegsfolgenschicksals bei der Feststellung einer (Spät-)Aussiedlereigenschaft hin und plädierte für mehr Förderung bei der Erforschung und Vermittlung der Geschichte und Kultur dieser Bevölkerungsgruppe, die allein in Baden-Württemberg etwa fünf Prozent der Landeseinwohner darstellt.

Die vollständige Podiumsdiskussion finden Sie unter: https://www.youtube.com/watch?v=RvPUwGAMI6E

Erste russlanddeutsche Akademiker im Zarenreich (Folge 9 und 10)

Alexander Henning (1892-1974), Literaturkritiker

In den Folgen 9 und 10 des Projektes „Russlanddeutsche Akademiker im Zarenreich“ geht es neben renommierten Absolventen der Universität Dorpat wie bspw. Peter Haller (1858‒1920), einem ehemaligen Professor der Universität Saratow, Alexander Henning (1892‒1974, Literaturkritiker) oder dem Helenendörfer Arzt Wilhelm Hurr (1887‒1937) auch um bislang nur wenig bekannte Namen wie z. B. Johann Heinrich Jungmann (1796‒ vor 1852). Jungmann stammte aus der Kolonie Jagodnaja Poljana an der Wolga, studierte 1815‒1819 in Dorpat Theologie und gilt als erster deutscher Kolonistennachkomme, der als Student an einer russischen Universität eingeschrieben wurde. Auch wenn die Universität Dorpat einst die größte Anzahl von immatrikulierten Personen aus dem Siedlermilieu aufwies bzw. unter Studierenden sehr beliebt war, gab es im Zarenreich weitere Hochschulen, an denen die wissbegierige Jugend aus den Wolga-, Schwarzmeer- oder Kaukasusregionen zahlreich studierte. Zu solchen Lehranstalten gehörte u. a. die 1865 gegründete „Kaiserliche Neurussische Universität“ in Odessa.

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Merkwürdiges Intermezzo: Zwischen Kriegsausbruch und Deportation (22.06.‒30.08.1941)

Das Jahr 2021 ist für die Geschichte der Russlanddeutschen weltweit nicht nur der 100. Jahrestag des Beginns einer Hungerkatastrophe, die unzählige Menschenleben gefordert hat. Eine noch verheerendere Wirkung zeigte die 20 Jahre später erfolgte totale Deportation der gesamten deutschen Bevölkerung der UdSSR, die den Auftakt zu ihrer jahrzehntelangen Verfolgung, Entrechtung und Diskriminierung bildete.

Kehrt die Bajonette gegen Eure Unterdrücker“ – Aufrufe der wolgadeutschen Intelligenz und der Kolchosbauern an die deutschen Geistesarbeiter, „versklavte Werktätige“ und Wehrmachtssoldaten, aus Nachrichten, Nr. 164 v. 15. Juli.

Mit der vorliegenden Dokumentation beginnen wir, wenig bekannte zeitgeschichtliche Dokumente zur Lage der „Sowjetbürger deutscher Nationalität“ sowohl während als auch nach dem „Großen Vaterländischen Krieg“ 1941-45 zu präsentieren. Der Angriff NS-Deutschlands auf die UdSSR fand bekanntlich am 22. Juni 1941 statt. Die Sonderbehandlung der Deutschen in der Sowjetunion begann vollends erst ab der Verkündung des Deportationserlasses etwa zwei Monate später am 30. August. In der Zwischenzeit lebten sie in einer „Kriegsnormalität“. Ihre Lage glich weitestgehend der Lage der anderen Sowjetvölker, die sich im Machtbereich des bolschewistischen Staates befanden.

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