Hungerjahre im Zarenreich

Wir haben uns in diesem Thread gleichermaßen sowohl mit der Hungerkatastrophe der Jahre 1921-22 [HIER] als auch mit der Hungersnot 1932-33 in der Ukraine auseinandergesetzt [HIER].

Dabei ist es so, dass bereits vor 1917 im Zarenreich bspw. die Wolgaregion beinahe regelmäßig von starken Missernten und Hungersnöten heimgesucht wurde. Besonders davon betroffen war man in den Jahren 1872-1874, 1891-1893, 1905-1907, 1911/1912. Ein gravierender Unterschied zu den ähnlichen Ereignissen unter der bolschewistischen Herrschaft bestand darin, dass im Russischen Reich – bei allem Elend – mit einer Ausnahme keine Hungersopfer gar in Millionenhöhe gab. Bei den schlimmsten Misserntejahren 1891 und 1892 mit mehr als 30 Mio. Hungernden gab es Schätzungen zufolge etwa 500.000 Todesopfer, ca. 300.000 führen auf die ausgebrochene Cholera-Epidemie zurück.

Die insgesamt erfolgreiche Bekämpfung und Überwindung der Hungersnot in all den Jahren war darauf zurückzuführen, dass der von Liberalen bis zu Sozialisten so verhasste autokratische Staat keine Plünderungen der Bauern vornahm, sondern im Umkehrschluss eine starke Unterstützung bei der Not mit Speisungen, Kreditvergaben und Saatkorn leistete. Zum Überleben in der Notlage trugen auch die gesetzlich vorgeschriebenen gemeinnützlichen Getreidemagazine bei, die jede Bauerngemeinde während der guten Ernte aufzufüllen verpflichtet war. Auch kirchliche und private Wohltätigkeitsorganisationen engagierten sich bei der Unterstützung der leidenden Bevölkerung – so auch in den Hungerjahren 1906/07.

Eine von diesen Organisationen war das Komitee des evangelischen Feldlazaretts aus St. Petersburg, das in den betroffenen wolgadeutschen Gemeinden Mittel für Speisungen bzw. für Viehfutter und Speisekartoffeln bereitstellte. Insgesamt nicht weniger als 20.000 Siedler aus 21 Kolonien erhielten tatkräftige Hilfe. Nachstehend die Ausgabe der „Revalschen Zeitung“ vom 6. März 1907:

Weiterlesen

Geschichte der Russlanddeutschen: Vortrag bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Aichach

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft (Ortsgruppe Aichach) startet Ende dieser Woche ins neue Quartal. Diesbezüglich wird unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Viktor Krieger am

28. April 2023 (Freitag) im Gasthof Specht (Stadtplatz 43, 86551 Aichach)

Zeitungsausschnitt zur Veranstaltung am kommenden Freitag in der Aichacher Zeitung vom 24. April 2023.

einen Vortrag über die Geschichte der Deutschen aus Russland halten und über die Zeitspanne von der Anwerbung der Deutschen, der Deportation in den 1940er Jahren bis hin zur massenhaften Aussiedlung nach 1990 berichten.

In der Kreisstadt Aichach haben in den 90ern über 2000 Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion eine neue Heimat gefunden und sich „bestens integriert“ und gut eingelebt, wie aus der nachstehenden Ankündigung zum Vortrag in der Aichacher Zeitung hervorgeht.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

Deutsche Autoren aus Russland und anderen postsowjetischen Staaten präsentieren ihre Bücher auf der Leipziger Buchmesse 2023

Der BKDR Verlag und der Literaturkreis der Deutschen aus Russland nehmen gemeinsam an der Leipziger Buchmesse (LBM) 2023 teil. Die LBM findet vom 27. bis zum 30. April statt. Am 28. April wird es zudem eine Lesung mit Melitta L. Roth, Artur Rosenstern und Ira Peter unmittelbar auf dem Messegelände geben (Halle 4, Forum Literatur, Stand: B500, Beginn: 16.00 Uhr). Vorgestellt werden aktuelle Lyrikerscheinungen von Autorinnen und Autoren mit russlanddeutschem Hintergrund sowie der Literaturalmanach der deutschen Autoren aus Russland „Hier war ich, dort bin ich …“ (erschienen im Januar 2023).

Während des gesamten Zeitraumes finden Sie den Stand des BKDR Verlags und des Literaturkreises der Deutschen aus Russland in der Halle 4, Stand C215.  Schauen Sie vorbei und kommen Sie mit uns ins Gespräch.

Weitere Informationen zu Beteiligten:

Weiterlesen

Zum Umgang mit der Hinterlassenschaft des Stalinismus in Kasachstan

Heute, am 14. April 2023, jährt sich zum 30. Mal die Verabschiedung des Gesetzes der Republik Kasachstan „Über die Rehabilitierung von Opfern politischer Massenrepressalien“. Den entsprechenden Text in russischer Sprache finden Sie HIER.

Es war ein Teil der Wiedergutmachungspolitik gegenüber den unschuldigen Opfern der staatlichen Willkür. Damit versprach der junge Staat eine Wiedergutmachung nicht nur für die direkt betroffenen Personen, sondern auch für ihre Kinder und Enkelkinder – kurzum: für die Nachwelt. Weniger in finanzieller, sondern vielmehr in moralischer und psychologischer Hinsicht. Hunderttausende Personen erhielten seither die Bestätigung, dass sie zu Stalinzeit zu Unrecht verfolgt wurden.

Mit der Zeit entstand der gesellschaftliche Bedarf, die Unzulänglichkeiten des Gesetzes zu beheben und einen freieren Zugang zu den entsprechenden Akten zu bekommen. Aus diesem Grund initiierte der kasachische Präsident, Kassym-Schomart Tokajew, im Erlass vom 24. November 2020 die Einrichtung einer staatlichen Kommission für die vollständige Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen. Den Text in russischer Sprache finden Sie HIER.

Ihre Hauptaufgabe besteht darin, allen Gruppen von Bürgern, die unter den Repressionen gelitten hatten, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Vor allem denjenigen, die von dem bestehenden Gesetz nicht berücksichtigt wurden, so bspw. den Hungeropfern, den enteigneten Bauern und Nomaden, den Kämpfern für die nationale Sache nach 1955 u.a. Eine der wichtigsten Aufgaben der Kommission besteht darin, die auf vielen Repressionsakten noch lastende Geheimhaltung zu überprüfen und einen möglichst freien Zugang zu den Materialien zu ermöglichen.

Aus dem Anlass des 30-jährigen Bestehens des Rehabilitierungsgesetzes und der Tätigkeit der Staatskommission veranstaltete das Kasachisch-Deutsche Zentrum in der Hauptstadt Astana am 31. März einen sog. „Runden Tisch“. Hier versammelten sich Mitglieder des Parlaments und der gesellschaftlichen Organisation „Assemblee des Volkes Kasachstans“, die Vertreter der deutschen Minderheit und Wissenschaftler aus mehreren Ländern, darunter Dr. Viktor Krieger vom BKDR.

Weiterlesen

Bernard Gaida beim BKDR

Heute war Bernard Gaida, ehemals Vorsitzender des Verbandes der Deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) und gegenwärtig Vizepräsident der Federal Union of European Nationalities (FUEN) bzw. Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) und zugleich Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten, im Rahmen eines Arbeitsbesuches beim Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR) in Nürnberg zu Gast.

Bernard Gaida (rechts) mit Dr. Viktor Krieger (links).

Das Thema der intensiven Gespräche zwischen Bernard Gaida, dem Zentrumsleiter Waldemar Eisenbraun sowie unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Viktor Krieger war vor allem die aktuelle Situation der geflüchteten Deutschen aus der Ukraine in Deutschland. Fragen der gegenwärtigen Praxis in der Rechtsprechung bei der Anerkennung als Spätaussiedler wurden gleichermaßen thematisiert. Auch über die Lage der deutschen Minderheit in einigen Staaten wurde diskutiert.