80. Jahrestag – Hitlerfeldzug gegen die Sowjetunion
Heute jährt sich zum 80. Mal der Angriff NS-Deutschlands auf die UdSSR. Der „Große Vaterländische Krieg“ hatte unzählige Opfer zur Folge und brachte viel Leid für alle Völker der Sowjetunion, aber letztendlich auch für Europa. Für die Angehörigen der deutschen Minderheit in der damaligen Sowjetunion wirken die Kriegsfolgen bis heute nach.
Eine Zeitlang schien es, dass den deutschen Sowjetbürgern eine Sonderbehandlung erspart bleiben würde. Ähnlich wie alle anderen meldeten sich Tausende Freiwillige aus ihren Reihen, bereit zum bewaffneten Kampf gegen den „faschistischen Aggressor“ (sowjetischer Sprachgebrauch). In der öffentlichen Ansprache vom 3. Juli 1941 beschwor Josef Stalin die „unverbrüchliche Freundschaft“ aller Sowjetvölker und zählte anfangs zu den Verbündeten – der Idee des proletarischen Internationalismus folgend – sogar das „reichsdeutsche [russ.: germanski] Volk, das von den faschistischen Machthabern versklavt wurde.“
Überregionale sowie lokale Medien berichteten in den ersten zwei Monaten immer wieder von Heldentaten der sowjetischen Soldaten und Offiziere deutscher Nationalität, über patriotische Gesinnung und Arbeitsleistungen etwa in der autonomen Wolgadeutschen Republik. Die Sowjetdeutschen hofften auf einen ähnlichen Ausgang wie während des Ersten Weltkriegs, im Rahmen dessen die rekrutierten Siedler vornehmlich an die Kaukasusfront geschickt worden waren und partielle Deportationen und Enteignungen hauptsächlich in frontnahen Gebieten stattgefunden hatten. Die Aussicht auf eine reichhaltige Ernte des Sommers 1941, insbesondere in der ASSR der Wolgadeutschen, weckte zudem die Zuversicht, dass man auf einen so wichtigen Lebensmittellieferanten in der Kriegszeit nicht verzichten würde. Nichts deutete auf eine baldige Auflösung der Wolgadeutschen Republik bzw. aller deutscher Siedlungen im europäischen Teil der UdSSR hin.
Jedoch kam es tragischerweise ganz anders. Obwohl das Land seit den 1930er Jahren militärisch stark aufrüstete und sich in den Vorkriegsjahren an einigen lokalen Konflikten aktiv beteiligte – dazu zählt u. a. der sowjetische Angriff auf Finnland, der sog. „Winterkrieg“ 1939/40 oder auch die Annektierung der baltischen Staaten – erlitt das sowjetische Militär in den ersten Monaten des deutsch-sowjetischen Krieges schwere Niederlagen.
Das anfängliche Versagen der Roten Armee versuchte die Militärführung unter anderem – ähnlich wie im Ersten Weltkrieg – mit „verräterischen Umtrieben“ der deutschen Bevölkerung der Ukraine zu rechtfertigen. Und nicht zuletzt die Umkehr der sowjetischen Kriegspropaganda – von der Rhetorik der proletarischen Solidarität der Werktätigen hin zu einer ungehemmten Kriegsgräuel- und germanophoben Stimmungsmache – besiegelte das Schicksal der betroffenen Minderheit. Der Beschluss des Politbüros der Kommunistischen Partei (mit Stalin an der Spitze) vom 26. August 1941 und der zwei Tage darauffolgende Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR bezüglich der Auflösung der ASSR der Wolgadeutschen leiteten ihre Degradierung zu Personen minderen Rechts ein. Auf die Liquidierung der Autonomie folgten Verbannung, Zwangsarbeit, Straflager, Sondersiedlerregime und Diskriminierung in all den Nachkriegsjahren.
Die Nachwirkungen der repressiven Politik gegen die deutsche Minderheit in der UdSSR bestehen bis heute. Als Nachkommen der „sowjetischen Bürger deutscher Nationalität“ erinnern wir uns bewusst an den Hitler-Angriff auf die Sowjetunion und gedenken der damit verbundenen unzähligen unschuldigen Opfer. Wir mahnen eindringlich:
Nie wieder Nazismus und Stalinismus, nie wieder Auschwitz, nie wieder Gulag!