Erfolgreiche Teilnahme des BKDR Verlags an der Leipziger Buchmesse 2025

Leipzig. Der Verlag des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland (BKDR) und der Literaturkreis der Deutschen aus Russland blicken auf eine erfolgreiche Teilnahme an der Leipziger Buchmesse 2025 zurück, die vom 27. bis zum 30. März stattfand. Der Stand des BKDR Verlags in Halle 4 zog zahlreiche Besucherinnen und Besucher an und bot eine Plattform für anregende Gespräche, Vernetzung und literarische Entdeckungen. Besonders erfreulich war das große Interesse an den drei Lesungen, die im Rahmen der Messe stattfanden.

Vorstellung des Sammelbands „Unser Schnee von heute“, mit Ira Peter, Artur Rosenstern und Eleonora Hummel (v. l.)

Am Freitag, den 28. März, präsentierte Ira Peter ihr erstes Buch „Deutsch genug? Warum wir endlich über Russlanddeutsche sprechen müssen“ vor einem begeisterten Publikum. Die Lesung fand in der Halle 4, Café Europa, in Kooperation mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa statt und regte zu intensiven Diskussionen unter anderem über die Identität, Traumata und Integration der Deutschen aus den Nachfolgestaaten der ehememaligen UdSSR an. Moderiert wurde die Lesung von Dr. Klaus Harer.

Weiterlesen

Jubiläumsalmanach des Literaturkreiseses der Deutschen aus Russland erschienen

 Der Literaturkreis der Deutschen aus Russland wird 30 Jahre alt!

Diese Ausgabe der „Literaturblätter der Deutschen aus Russland“ (Almanach) mit dem Titel „Unser Schnee von heute“ ist anlässlich des 30. Jubiläums des Literaturkreises der Deutschen aus Russland pünktlich zur Leipziger Buchmesse im BKDR Verlag erschienen.

Der Literaturkreis wurde im Oktober 1995 gegründet. Heute wie damals, bei den ersten Ausgaben der Literaturblätter, dient diese Bücherreihe primär der Vernetzung, dem Austausch, dem Dialog sowie der Integration und Förderung der aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zugewanderten deutschen Autorinnen und Autoren. Ihre Themen möchte der Literaturkreis ins Gespräch bringen und auch junge Autorinnen und Autoren entdecken und ihnen eine Chance der ersten Publikation bieten. Dabei müssen die Beiträge nicht zwangsläufig nur von Schreibenden mit russlanddeutschem Hintergrund stammen. Mittels Übersetzungen einzelner Beiträge aus dem Russischen bemüht sich die Redaktion auch um die Aufrechterhaltung des literarischen Dialogs mit den in den Herkunftsländern lebenden Literaten und Künstlern. Darüber hinaus möchten wir über Themen ins Gespräch kommen, die von gesamtgesellschaftlicher Relevanz sind und bei denen die Perspektiven von Zugewanderten sowie kulturell divers „tickenden“ Autorinnen und Autoren an anderen Stellen zu kurz kommen.

Weiterlesen

Altbewährter Bolschewik Karl Rekst

Dokument des Monats

Die missliche Lage, in der sich die Sowjetbürger deutscher Herkunft ab 1941 befanden, führte in den folgenden Jahren zu verschiedenen, manchmal fast tragikomischen Aktionen der Betroffenen, um sich von dem Makel eines Deutschen – d. h. einer Person mit stark beschnittenen Rechten – zu befreien. Ein Beispiel dafür ist der Fall von Wladimir Koslow, der aufgrund des deutsch klingenden Nachnamens seines lettischen Adoptivvaters, Karl Rekst, in ein Arbeitslager zwangsmobilisiert und nach dem Krieg als Sondersiedler mit all den damit verbundenen Konsequenzen erfasst wurde.

Ausschnitt aus dem Brief von Karl Rekst an Nikita Chruschtschow. Details siehe unten.

Die langjährigen Bemühungen seiner und seines Adoptivvaters um die Anerkennung der russischen Volkszugehörigkeit blieben erfolglos ‒ wer einmal in die Mühlen der stalinistischen NKWD-Behörden geraten war, konnte sich später kaum davon retten, egal wie absurd die Situation auch erscheinen mochte. Erst nach Stalins Tod kam Bewegung in die Sache: Am 8. Februar 1954 stellte ein Offizier des Innenministeriums fest: „Unter Berücksichtigung, dass die nationale Zugehörigkeit von REKST-KOSLOW die einzige Grundlage war, ihn in das Register der Sondersiedler aufzunehmen […], schlage ich vor: Den Sondersiedler Wladimir Aleksandrowitsch Koslow als Person russischer Nationalität aus dem Register für Sondersiedler abzumelden.“

Weiterlesen

Leipziger Buchmesse 2025: Wir sind dabei!

Der BKDR Verlag und der Literaturkreis der Deutschen aus Russland nehmen auch dieses Jahr gemeinsam an der Leipziger Buchmesse (LBM) 2025 teil. Die LBM 2025 findet vom 27. bis zum 30. März statt. Den gemeinsamen Stand des BKDR Verlags und des Literaturkreises der Deutschen aus Russland finden Sie in der Halle 4, Stand E102. Schauen Sie vorbei, wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Am 29. und 30. März werden wir unmittelbar auf dem Messegelände zwei Lesungen mit Georg Smirnov, Ira Peter und Artur Rosenstern veranstalten sowie eine weitere Lesung in Kooperation mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa: Bei dieser Lesung am Freitag, 28. März, 17:30 Uhr, in der Halle 4, Café Europa, wird Ira Peter ihr erstes Buch „Deutsch genug? Warum wir endlich über Russlanddeutsche sprechen müssen“ präsentieren (das Buch erscheint am 19.03.2025. Details dazu sowie zur Lesung werden später bekanntgegeben).  

© Foto auf dem Cover: Arthur Bauer, (c) Umschlag: Goldmann Verlag.

Im Rahmen der Lesung am 29. März, 10:30 Uhr (Halle 2, im „Forum Literatur“, F400), wird es um Lyrik bzw. die neuesten Lyrik-Publikationen von deutschsprachigen Autorinnen und Autoren aus den Ländern der ehemaligen UdSSR gehen.

Weiterlesen

Zwei bemerkenswerte Dokumente aus der Zeit des Ersten Weltkriegs

Dokument des Monats

Bild 1 (links): Bestätigung russischer Untertanenschaft, Wolost Prischib, Taurien, Schwarzmeerdeutsche @ Bundesarchiv (Berlin).

Im Ersten Weltkrieg wurden viele Menschen, deren Vorfahren vor hundert oder mehr Jahren den Einladungen russischer Zaren gefolgt waren, um dünn besiedelte Gebiete des Russischen Reiches zu erschließen, mit dem Vorwurf konfrontiert, sie seien keine russischen Untertanen, sondern feindliche Ausländer. Dieser Vorwurf zog für die Betroffenen oft fatale Folgen nach sich, da während des ausgebrochenen Krieges Angehörige und Sympathisanten feindlicher Staaten Enteignungen, polizeilichem Gewahrsam und anderen Restriktionen ausgesetzt waren. Die deutschen Bauern sowie Stadtbewohner Russlands wurden in der Presse und von Amtspersonen ständig denunziert, als seien sie de facto reichsdeutsche Bürger – unbeachtet der Tatsache, dass Männer jüngerer Jahrgänge genauso wie Russen, Ukrainer und Angehörige anderer Nationalitäten problemlos in die russische Armee eingezogen wurden. Darüber, wie viele von ihnen in diesem Krieg für ihre Verdienste ausgezeichnet, verwundet oder gefallen sind, gibt u. a. ein öffentlich zugängliches Internetportal mit Dokumenten aus dem Militärhistorischen Archiv in Moskau Auskunft.

Weiterlesen

„Den Wirren des Schicksals trotzen“ von Anton Bosch erschienen

Geschichte der russlanddeutschen Familie Bosch – eine Autobiografie

Zu Beginn des Jahres 2025 erschien im BKDR Verlag die Autobiografie von Dr. Anton Bosch unter dem Titel „Den Wirren des Schicksals trotzen“. Anton Bosch, geb. am 28.10.1934, ist ein wichtiger Zeitzeuge seiner Epoche. Er stammt aus der ehemaligen deutschen Siedlung Kandel, die im 19. Jahrhundert in der Nähe von Odessa von deutschen Umsiedlern gegründet wurde. Er überlebte das stalinistische Terrorregime, die reichsdeutsche Besatzung der Ukraine, die Flucht vor der heranrückenden Roten Armee in den Westen sowie die von den Sowjetmachthabern durchgesetzte massenhafte Rückführung in Lager und Sondersiedlungsgebiete der UdSSR. Auch die damit verbundene sozialpolitische Entrechtung in den Jahren der Kommandantur-Aufsicht (bis 1956) prägte sein Leben.

Weiterlesen

Neue Erkenntnisse über den wolhyniendeutschen Pfarrer Reinhold R. Henke

(Dokument des Monats)

Pfarrer Reinhold Rudolf (auch: Reinhold R.) Henke (1893–1961) gehörte zu den bekanntesten und markantesten Persönlichkeiten der Wolhyniendeutschen. Von 1923 bis 1924 wirkte er als Hilfsprediger in Pabianice und von 1924 bis 1940 als Pfarrer in Rozyszsze, im polnischen Wolhynien (heute Stadt Roschyschtsche in der Ukraine). Infolge des Hitler-Stalin-Pakts besetzte die Sowjetunion 1939 das Gebiet. Nach der erzwungenen Umsiedlung 1940 in den Warthegau amtierte Henke bis 1945 als Pfarrer und Superintendent in Leslau (Włocławek im heutigen Polen).

Bild: Reinhold Rudolf Henke als Student in Dorpat, 1913 @ Estnisches Nationalarchiv, Tartu.

Nach der Flucht von 1945 bis 1947 war er Oberpfarrer in Allstedt (Thüringen) und schließlich bis zu seinem Ruhestand 1960 als Pfarrer und Superintendent (ab 1951) in Droyßig, Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt tätig.

Dank der im BKDR aufbewahrten Unterlagen, die aus verschiedenen Archiven stammen, konnten wir neue Erkenntnisse über den Bildungsweg sowie die seelsorglichen und gesellschaftlichen Tätigkeiten des Pfarrers gewinnen. Während seines Studiums in Dorpat gehörte Reinhold Henke der Studentenverbindung „Teutonia“ an – aus der Zeit seiner Mitgliedschaft stammt der erste Lebenslauf, verfasst im Oktober oder November 1914:

Weiterlesen

„Das Leben war mein Lehrer“ – ein Buch zum 100. Geburtstag des Künstlers Karl Betz

Reihe: Künstlerporträts

Pünktlich zum 100. Geburtstag von Karl Betz war im BKDR Verlag im Juli 2024 ein E-Book von Nina Paulsen erschienen, das sich dem Leben und Werk dieses bekannten russlanddeutschen Künstlers widmet. Seit Kurzem liegt nun auch die Druckfassung vor und kann bei uns bestellt werden.


Karl Betz (1924-2021) wäre am 19. Juli 2024 100 Jahre alt geworden. Er wurde in der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen (ASSRdWD) geboren. Sein Leben und Schicksal ist ebenso ereignis- und erkenntnisreich wie auch kennzeichnend für unzählige ähnliche wolgadeutsche bzw. russlanddeutsche Schicksale und Lebensläufe in der Sowjetunion des 20. Jahrhunderts. Bereits in Kirgisistan begann sich Betz in seiner Freizeit mit Porträtkunst zu beschäftigen – aus Wurzelholz schnitzte er Köpfe bedeutender Musiker, Schriftsteller oder Politiker. Auch in Deutschland ist er seiner Leidenschaft nachgegangen. Nach seiner Pensionierung widmete er sich verstärkt seinen langjährigen Hobbys, der Holzschnitzerei und Malerei. Musik, Bildhauerei und Malerei sind im Herzen von Karl Betz miteinander verwachsen, die eine Kunst nährte die andere.

Bis ins hohe Alter hatte er sich seine unbändige Fantasie bewahrt. Trotz gesundheitlicher Probleme hatte Karl Betz seinen Lebensoptimismus und seinen Schaffenswillen nicht eingebüßt und war stets kreativ und aktiv geblieben – zuletzt vor allem mit Pinsel und Farben. Am 16. September 2021 verstarb Karl Betz in seiner Wahlheimat Königswinter bei Bonn.

Weiterlesen

Herold Belger. Buchpräsentation und Verleihung des 2. Nora-Pfeffer-Literaturpreises

Buchpräsentation und Preisverleihung an die Gewinnerinnen des 2. Nora-Pfeffer-Literaturwettbewerbs

Am 6. Dezember in Nürnberg, BKDR, Sandstr. 20. A, Beginn: 18.00 Uhr     

Im Dezember erscheint im BKDR Verlag das Buch „Herold Belger. Drei Saiten meiner Seele, drei Kreise meines Lebens“ von Nina Paulsen anlässlich des (gedachten) 90. Geburtstags des bekannten deutsch-kasachischen Schriftstellers. Wir laden Sie herzlich zu einem stimmungsvollen Literaturabend ein: mit Texten von Herold Belger sowie den Gewinnerinnen des 2. Nora-Pfeffer-Literaturwettbewerbs (2024). Im Anschluss an den Vortrag von Nina Paulsen über das Leben und Werk von Herold Belger erfolgt die Preisverleihung an Julia Alina Kessel (Gewinnerin in der Kategorie Prosa), Regina Sidonie Schill (Kategorie Essay/Publizistik) und Lorena Pircher (Kategorie Lyrik). Alle drei Autorinnen erhalten jeweils 300,- EUR Preisgeld für ihre Wettbewerbsbeiträge.

Als einer der bekanntesten Schriftsteller Kasachstans hat Herold Belger (1934–2015) tiefe und bleibende Spuren in der Literaturgeschichte seines Landes hinterlassen. Er selbst bezeichnete sich als „Zögling dreier Staaten – Russlands, Kasachstans und Deutschlands“. Alle drei Sprachen und Kulturen prägten Belgers Lebens- und Schaffensweg maßgeblich. Neben seiner literarischen Tätigkeit spielte Herold Belger eine bedeutende Rolle im öffentlichen und politischen Leben Kasachstans. In seinem Heimatland galt der gebürtige Wolgadeutsche als unbestrittene moralische Autorität.

Die vorliegende Publikation, die das Leben und Wirken von Herold Belger zusammenfasst, möchte den Menschen und Literaten Belger auch den deutschen Leserinnen und Lesern näherbringen. Am 28. Oktober 2024 wäre Belger 90 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass entstand die Idee zu dieser Publikation.

Es bietet sich in diesem Jahr geradezu an, die Preisverleihung an die Gewinnerinnen des 2. Nora-Pfeffer-Literaturwettbewerbs im Rahmen des Belger-Abends durchzuführen.

Weiterlesen

Maria Schmidt: erste wolgadeutsche Akademikerin mit einem Doktortitel

Dokument des Monats

Ein ordentliches Studium bzw. ein Hochschulabschluss waren für Frauen im Russischen Reich bis zur bürgerlichen Februarrevolution im Jahre 1917 praktisch unzugänglich. Es gab zwar einige nur für Frauen bestimmte Hochschulen und sogenannte „höhere Kurse“, doch deren Absolventinnen verfügten nach dem Abschluss über keine vergleichbaren Rechte wie ihre männlichen Kollegen. Darüber hinaus war die Auswahl der Studienfächer sehr begrenzt. Deshalb gingen viele russische Bürgerinnen zum Studium ins Ausland, wo sie mit wenigen Einschränkungen rechneten. Die Emanzipationsbewegung im Bildungsbereich erreichte nicht nur Russinnen, sondern auch die deutschen Siedlerinnen in Russland.

Kopie der französischen Promotionsurkunde („Doktordiplom“) und die russische Übersetzung, beglaubigt vom Notar A. Polubojarinow am 3. Oktober 1915 in Saratow; übersetzt von Olga Sobolewa. Das vollständige Dokument s. unten.

Bisher ist noch wenig über die Anfänge der akademischen Ausbildung von Frauen unter den deutschen Siedlern bekannt. Allerdings besuchten Dutzende sogenannter „Kolonistentöchter“ – verstärkt ab Ende des 19. Jahrhunderts – russische Mädchengymnasien und andere Arten höherer Schulen, deren Abschluss (Reifezeugnis) als Berechtigung zum Studium galt. Eine von ihnen war Maria Schmidt, die bezeichnenderweise nicht in Deutschland – was aus sprachlichen und anderen Gründen nahegelegen hätte – sondern in Frankreich an der Universität Montpellier Naturwissenschaften und Medizin studierte und im Anschluss am 29. Juli 1915 erfolgreich ihre Dissertation verteidigte.

Weiterlesen

Ein Regenbogen über der Steppe. Wladimir Eifert – ein Künstlerporträt

Neues Buch von Amir Dschadaibajew im BKDR Verlag erschienen / Aus dem Russischen übersetzt von Carola Jürchott

Die Monografie „Regenbogen über der Steppe …“ ist dem bekannten sowjetdeutschen Künstler Wladimir Eifert (1884-1960) anlässlich seines 140 Geburtstags gewidmet. Es ist das erste Buch, in dem auf der Basis des vom Verfasser zusammengetragenen umfangreichen künstlerischen und Archivmaterials über den Lebensweg und die berufliche Laufbahn des hervorragenden Malers, ausgezeichneten Museumsfachmanns und Pädagogen berichtet wird. Die deutsche Herkunft Wladimir Eiferts war der Grund, dass es ihn 1941 nach Zentralasien verschlug: Er wurde wie alle Sowjetdeutschen nach dem faschistischen Überfall auf die UdSSR deportiert. Von dieser Zeit an waren sein gesamtes weiteres Schicksal und seine Kunst mit Kasachstan verbunden.

Das Buch richtet sich sowohl an das breite Publikum als auch an Fachleute, die sich für die Geschichte der sowjetischen Kunst und der Kunst Kasachstans interessieren.

Aus dem Vorwort der Historikerin Julia Podoprigora:

Mit Erlassen und Verordnungen von Gremien der Partei- und Staatsführung der UdSSR konnte man wie mit einem Radiergummi auf der Karte des großen Landes Orte tilgen, in denen Ethnien lebten, die der Sowjetmacht nicht genehm waren, ihre jahrhundertelange Geschichte und ihre Traditionen auslöschen und menschliche Lebenswege durchkreuzen. Mit einem solchen „Radiergummi“ wurde auch über das Schicksal des ethnischen Deutschen Wladimir Eifert entschieden. Nachdem sie im Bild seines Lebens alle früheren Verdienste als talentierter Künstler, bekannter Kunstwissenschaftler und nicht weniger erfolgreicher Museumsleiter und -kurator getilgt hatte, hielt die Sowjetmacht für ihn andere Wege bereit.

Weiterlesen

Die Lage der Ev.-Luth. Kirche in der UdSSR im Jahre 1934

Dokument des Monats

Zu Beginn der 1930er-Jahre war die Lage der organisierten Evangelisch-Lutherischen Kirche und ihrer Diener in der UdSSR äußerst prekär. Die Kirche wurde im Zuge der sozialistischen Umgestaltung systematisch unterdrückt, ihrer Besitzungen komplett beraubt, ihre Organisationen und Aktivitäten wurden verboten und sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Die Sowjetmacht konfiszierte die Wohnungen der Pfarrer und überführte sie als einstige Stützen des Altregimes in die Kategorie „stimmlose“. Das bedeutete u. a. den Ausschluss von sozialen Leistungen wie Kranken- oder Rentenversicherung, und ihre Kinder durften nicht studieren. Ihre im Allgemeinen geringeren Gehälter unterlagen einer erhöhten Besteuerung. Für jedes auch noch so geringfügige Vergehen drohten ihnen hohe administrative Strafen oder gar Verhaftungen. Offene Verunglimpfungen und Beleidigungen waren an der Tagesordnung. Das war buchstäblich ein täglicher Kampf ums nackte Überleben, der die meisten Geistlichen in der UdSSR zermürbte.

Dokumentausschnitt: Unterstützung des Gustav-Adolf-Vereins für die Schwesterkirche in der UdSSR, 1934 (Das gesamte Dokument lesen Sie weiter unten …)

Weiterlesen

Schlussbetrachtungen zur wiss. Reihe „Erste russlanddeutsche Akademiker“

Der Vorabdruck von Biografien der ersten Akademiker aus der Mitte der Siedler-Kolonisten ist Ende 2023 abgeschlossen worden. Seit Juli 2020 sind in der Zeitschrift „Volk auf dem Weg“ (VadW) 34 Folgen mit insgesamt 183 Lebensläufen von „Kolonistensöhnen“ erschienen, die an der Universität Dorpat (ab 1893 – Jurjew, heute Tartu in Estland) von 1802 bis 1918 studiert hatten. Unter allen Hochschulen des damaligen Russischen Reiches verzeichnete diese baltische Universität die größte Anzahl von Studierenden aus dem deutsch-bäuerlichen Siedlermilieu. Siehe Tabelle 1:


Demnach stellten die Schwarzmeerdeutschen die meisten der Studierenden: 105 Personen oder 57 Prozent, davon allein aus Bessarabien 48 Personen. An zweiter Stelle folgten ihnen zahlenmäßig die Wolgadeutschen (einschließlich der Studierenden aus Sarepta und den Mennonitendörfern der Region) mit 67 Personen bzw. 37 Prozent. Eine kleine Differenz im Vergleich zur bereits in der VadW gedruckten Fassung geht auf die genauere regionale Zuordnung eines Studenten zurück. Wesentlich weniger Immatrikulationen gab es bei den Transkaukasusdeutschen: 10 Personen bzw. 5 Prozent.

Weiterlesen

Zentrale Gedenkveranstaltung in Friedland – anlässlich des 83. Jahrestags der Deportation der Deutschen in der Sowjetunion

Unter dem Motto „Zukunft braucht Vergangenheit“ fand am 31.08.24 im Grenzdurchgangslager Friedland die traditionelle Gedenkfeier der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (LmDR) anlässlich des 83. Jahrestags der Deportation der Sowjetdeutschen statt – organisiert von der LmDR-Landesgruppe Niedersachsen unter der Federführung von Lilli Bischoff.  

(c) Foto: BKDR

Anwesend waren rund 300 Gäste, darunter viele bekannte Persönlichkeiten aus der niedersächsischen Landespolitik sowie landsmannschaftlichen Vereinsstrukturen. Als Redner traten u. a. auf: Daniela Behrens (Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport), Sebastian Lechner (MdL und Landesvorsitzender der CDU), Ulrich Watermann (MdL und stellv. Vorsitzender der SPD), Heiko Schmelze (Landesvorsitzender der OMV Nds.), Petra Rudszuck (stellv. Präsidentin der Region Hannover), Johann Thießen (Bundesvorsitzender der LmDR). Das BKDR war wiederholt mit einem Bücherstand und der mobilen Ausstellung zum Thema „Religiöses Leben der Russlanddeutschen“ vor Ort.

Weiterlesen

Ein aufschlussreiches Dokument über deutsche Sondersiedler aus dem Jahr 1956

Dokument des Monats

Als „Dokument des Monats“ möchten wir Ihnen eine behördliche Auskunft über die deutschen Sondersiedler aus einer der administrativ-territorialen Einheiten im Gebiet Swerdlowsk vorstellen. Welche Schlussfolgerungen und Erkenntnisse lassen sich aus diesem seltenen Dokument aus dem Jahr 1956 gewinnen?

(Quelle: Dokumentationszentrum der gesellschaftlichen Organisationen des Gebiets Swerdlowsk, Stadt Jekaterinburg).

1) Diese Bescheinigung enthält einige Auslassungen und falsche Behauptungen, etwa dass die Ausweisungen der deutschen Minderheit nur aus der Wolgarepublik sowie den Städten Moskau und Leningrad stattfanden. Es ist indessen allgemein bekannt, dass es auch Deportationen aus dem Transkaukasus, der östlichen Ukraine und dem Nordkaukasus gegeben hat – kurzum, aus Dutzenden von Regionen und Städten im europäischen Teil des Sowjetstaates. Die Behauptung, dass neben den Männern auch „arbeitsfähige alleinstehende Frauen“ zur Arbeit mobilisiert wurden, ist schlichtweg falsch. Nachweislich wurden unter anderem kinderreiche Mütter, Jungen ab 15 Jahren und Mädchen ab 16 Jahren – also noch Kinder – für die Dauer des Krieges in diverse Zwangsarbeitslager gebracht. Immerhin sind die Verfasser des Dokuments insofern „ehrlich“, als sie offen zugeben, dass deutsche Sowjetbürger dem „Lagerregime unterstellt“ und bewacht wurden; konkret bedeutet dies, dass man sie als Kriminelle behandelte.

Weiterlesen

Buch „Deutsche in Odessa“ von Elvira Plesskaja-Sebold erschienen

Neue historische Erkenntnisse / Aus dem Russischen von Lothar Deeg

Die Geschichte der ukrainischen Hafenstadt Odessa, die auf Anweisung der Zarin Katharina II. im Jahre 1794 aus strategischen Überlegungen gegründet wurde, ist bereits gründlich erforscht. Weniger bekannt ist jedoch die Geschichte und Bedeutung von deutschen Architekten, Industriellen, Militärexperten, Handwerkern, Kulturschaffenden, Lehrern, Lokalpolitikern, sozial engagierten Persönlichkeiten usw., die das Stadtbild im Allgemeinen und das wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Leben von Odessa mitgeprägt  haben. Das Buch der bekannten ukrainischen Historikerin Elvira Plesskaja-Sebold vermittelt auf anschauliche Weise das Wissen über das Leben und Wirken der einflussreichsten Deutschen in Odessa im 19. und 20. Jahrhundert. Die neu gegründete Stadt wurde von Menschen verschiedener Nationalitäten besiedelt. Die Einwanderung der Deutschen in die südlichen Gebiete des damaligen Russischen Reiches wurde von den russischen Zaren bereits seit geraumer Zeit gefördert.

Anders als im 20. Jh. genossen die Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert das Vertrauen der Staatsmacht, wurden auf hohe Staatsämter wie das des Generalgouverneurs, Stadtoberhaupts oder Kommandeurs des Militärbezirks in Odessa berufen. Die Handels- und Gewerbekreise der Stadt vertrauten ihnen über Jahrzehnte das Wahlamt des Vorsitzenden des Odessaer Börsenkomitees an, weil man damals ihre ethischen Grundsätze in der kommerziellen Tätigkeit, ihre Leutseligkeit, Objektivität und Menschlichkeit schätzte. Kaufleute und Gewerbetreibende deutscher Herkunft wurden in den Magistrat der Stadt und in die städtischen Selbstverwaltungsorgane gewählt und auch als Abgeordnete in die städtische Duma (Stadtrat) sowie die Gouvernements- und Kreis-Semstwo (Landtag) entsandt.

Weiterlesen

„Das Leben war mein Lehrer“ – ein Buch zum 100. Geburtstag des Künstlers Karl Betz

Ein neues Buch von Nina Paulsen

Im BKDR Verlag ist pünktlich zum 100. Geburtstag von Karl Betz ein E-Book von Nina Paulsen erschienen, das sich dem Leben und Werk des bekannten russlanddeutschen Künstlers widmet (die Druckfassung liegt seit Mitte November 2024 ebenfalls vor. Nähere Infos finden Sie hier: Karl Betz – Print).


Karl Betz (1924-2021) wäre am 19. Juli 2024 100 Jahre alt geworden. Er wurde in der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen (ASSRdWD) geboren. Sein Leben und Schicksal ist ebenso ereignis- und erkenntnisreich wie auch kennzeichnend für unzählige ähnliche wolgadeutsche bzw. russlanddeutsche Schicksale und Lebensläufe in der Sowjetunion des 20. Jahrhunderts. Bereits in Kirgisistan begann sich Betz in seiner Freizeit mit Porträtkunst zu beschäftigen – aus Wurzelholz schnitzte er Köpfe bedeutender Musiker, Schriftsteller oder Politiker. Auch in Deutschland ist er seiner Leidenschaft nachgegangen. Nach seiner Pensionierung widmete er sich verstärkt seinen langjährigen Hobbys, der Holzschnitzerei und Malerei. Musik, Bildhauerei und Malerei sind im Herzen von Karl Betz miteinander verwachsen, die eine Kunst nährte die andere.

Weiterlesen

Zur Entstehungsgeschichte der Petri-Pauli-Kirche in Tiflis

(Dokument des Monats)

Unser Quellenbestand zur Geschichte der deutschen Minderheit im Transkaukasus ist um ein weiteres seltenes Dokument reicher geworden. Es handelt sich um den „Bericht über den Bau der Evangelisch-Lutherischen PETRI-PAULI-KIRCHE in Tiflis 1893–1897“, herausgegeben vom Kirchenrat, Tiflis 1898.

Titelseite des Berichts

In der Broschüre finden sich wertvolle Hinweise auf die Entstehungsgeschichte der städtischen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Tiflis (heute Tbilissi), die mit der Ansiedlung der württembergischen „Glaubensseparatisten“ im Herbst 1818 in direkter Verbindung steht.

Unter den anfänglich sieben Kolonien gab es eine unmittelbar in der Vorstadt mit dem Namen Neu-Tiflis. Dort wurde bereits im Februar 1834 das erste Kirchengebäude eingeweiht; die Siedlung selbst wurde 1861 eingemeindet und bildete seither den Kern des Kirchspiels Tiflis. Mit der Zeit wurden die Räumlichkeiten der einstigen Kolonistenkirche zu eng für die rasch wachsende Stadtgemeinde, und so beschloss der Kirchenrat, ein neues Gotteshaus zu bauen.

Die Broschüre enthält detaillierte Schilderungen nicht nur des finanziellen und bautechnischen Ablaufs der Bauarbeiten, sondern auch der innerkirchlichen Entwicklungen der Tifliser Gemeinde im 19. Jahrhundert. Am 18. Mai 1897 wurde die Petri-Pauli-Kirche unter großem Aufgebot von zahlreichen kirchlichen und weltlichen Würdenträgern, darunter Großfürst Nikolai Michajlowitsch und weitere hochrangige Vertreter der Militär- und Zivilverwaltung im Transkaukasus, eingeweiht.

Weiterlesen

Viktor Krieger auf Recherchereise in Berlin

Unser wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dr. Viktor Krieger, war vom 17. bis zum 21. Juni auf einer Recherchereise im Evangelischen Zentralarchiv (EZA) und in der Bibliothek des Bundesarchivs in Berlin. Das Evangelische Zentralarchiv beherbergt umfangreiches Material zur Kirchenpolitik des Sowjetstaates in den 1920er- und 1930er-Jahren. Interessant und aufschlussreich fand Krieger die Reaktionen, die diese Politik in kirchlichen Kreisen verschiedener europäischer Staaten ausgelöst hatte. Die Kirche hatte damals im Rahmen der Aktion „Brüder in Not“ vielfältige Unterstützung für die Wolga- und Schwarzmeerdeutschen, insbesondere während der Hungerjahre 1920‒1924 sowie Anfang der 1930er-Jahre geleistet.

Ev. Zentralarchiv, Berlin.

Die wachsende Unterdrückung und Verfolgung der deutschen Gläubigen sowie der evangelischen und katholischen Geistlichen lösten vor allem in Deutschland große Empörung aus und führten dazu, dass zahlreiche Hilfsaktionen ins Leben gerufen wurden. Davon zeugen dutzende Aktenordner, die verschiedene Berichte, Rechenschaften, Stellungnahmen, Statistiken, Briefwechsel von zahlreichen Personen mit In- und Ausland und dergleichen enthalten.

Insbesondere die Unterlagen des Gustav-Adolf-Werkes der Ev. Kirche Deutschlands zeigen das Ausmaß an Unterstützung für bedrängte Geistliche und einzelne Gläubige, sei es in Form von Hilfspaketen oder Überweisungen via Torgsin*, die eine Zeitlang möglich waren. Vor allem die Geistlichen fungierten damals als Vertrauenspersonen, empfingen und leiteten die Hilfe an die bedürftigen Gemeindemitglieder weiter.

Die in der UdSSR ausharrenden Pfarrer äußerten immer wieder den Wunsch, ihren Kindern die christliche Erziehung und höhere Bildung in Deutschland zu ermöglichen, da beides in der Sowjetunion nicht möglich war. Der Schriftwechsel allein zu diesem Thema füllt mehrere Aktenordner.

Weiterlesen

Romanwerkstatt mit Schriftstellerin Eleonora Hummel

Das BKDR veranstaltete vom 14. bis zum 16. Juni in Kooperation mit dem Literaturkreis der Deutschen aus Russland eine Romanwerkstatt mit der preisgekrönten Schriftstellerin Eleonora Hummel. Rund zwanzig Autorinnen und Autoren folgten der Einladung der Organisatoren und nahmen im Vorfeld des Seminars zunächst an der Stadtführung zum Thema „Russlanddeutsche Spuren in Nürnberg“ teil. Danach trafen sich die Teilnehmer in den Räumlichkeiten des BKDR, um sich der kreativen Arbeit zu widmen.

Teilnehmer der Romanwerkstatt mit Eleonora Hummel (c) Foto: BKDR

Ziel der Textwerkstatt war, deutsche Autorinnen und Autoren aus den Nachfolgestaaten der UdSSR zu professionalisieren, zu vernetzen und ihnen eine Möglichkeit zum intensiven Erfahrungsaustausch anzubieten. Themen wie Herausforderungen bei der Realisierung von Publikationen, Vermarktung und Präsenz von Autorinnen und Autoren in den Medien wurden ebenfalls diskutiert. Der Hauptteil des Workshops konzentrierte sich auf theoretische Aspekte des Romanschreibens: Ideenfindung, Struktur, Exposé, Sujet, Dialoge, Szenenentwicklung und Charakterisierung von Figuren. Die Teilnehmer hatten anschließend Zeit für individuelle Schreibübungen, vertieften einige Aspekte praktisch und stellten eigene Exposés und Romanprojekte zur Diskussion.

Weiterlesen