BKDR-Bildungsreihe „Deutsche Siedlungen im Porträt“ – Gnadentau (heute Werchnij Jeruslan)

Die deutsche Siedlung Gnadentau wurde 1860 als eine „Tochterkolonie“ gegründet. 1910 lebten in Gnadentau 2.235 Personen. Es gab 207 Hofstellen, eine Öl- sowie drei in Betrieb befindliche Windmühlen. Die evangelische Kirche in Gnadentau wurde 1898 errichtet. Die elegante Turmspitze mit den dreieckigen Dachfenstern, das im Himmel schwebende Kreuz sowie der ornamentgeschmückte rechteckige Glockenturm mit den in allen Himmelsrichtungen zugewendeten paarigen Bogenfenstern, die zierlichen Kreuze auf den Türmchen und viele weitere charakteristische Details deklarierten diese Kirche zu einer der schönsten im gesamten Wolgagebiet. Die Kirche bot Platz für mehr als 1000 Personen. Auf dem Hauptplatz standen neben der Kirche das Pastorat, das Bethaus, eine Schule und ein Glockenturm aus Holz. Die Kirche in Gnadentau wurde als letzte der lutherischen Kirchen an der Wolga geschlossen. Offiziell war sie seit dem 21. Dezember 1938 nicht mehr zugänglich, obwohl Gottesdienste in ihr schon viel früher nicht mehr stattfanden. Im September 1941 wurden die Deutschen aus Gnadentau deportiert. Seit 1942 trägt das Dorf den Namen Werchni Jeruslan.

Heute wohnen im ehemaligen Gnadentau etwa 600 Personen. Die heutige evangelische Gemeinde begann damit, dem Gotteshaus seinen ursprünglichen Zweck wiederzugeben und half der alten Kirche aus den Ruinen aufzuerstehen. Ungeachtet des Fehlens vieler architektonischer Details, welche die Kirche vor der Revolution besaß, versetzt sie auch heute noch jeden, der sie besucht, in Erstaunen. Der Wiederaufbau der Kirche ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Gottesdienste werden lediglich außerhalb der Wintermonate abgehalten. Nichtsdestotrotz zieht die grüne Turmspitze, die hervorragend von der Trasse von Saratow nach Wolgograd aus zu sehen ist, alle Blicke uneingeschränkt auf sich. Die hier (ver)weilenden Reisenden verharren vor dem Gotteshaus, verzaubert von seiner Pracht und entzückt von seiner unbeschreiblichen Schönheit.

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Viel Spaß beim Anschauen und frohe Weihnachten wünscht Ihnen das Bayerische Kulturzentrum der Deutschen aus Russland!