Vor 100 Jahren: Beginn einer Hungerkatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes
Das Jahr 2021 steht nicht nur im Zeichen des Gedenkens an den 80. Jahrestag der Deportation der deutschen Bevölkerung der UdSSR. Eine nicht minder wichtige Bedeutung wird dem 100. Trauerjubiläum des Beginns der verheerendsten Hungersnot in der Geschichte der russlanddeutschen Minderheit beigemessen. Die Hungerkatastrophe der Jahre 1921-1922 suchte vor allem die russischen Gouvernements und nationalen Gebiete (Tatarstan, Baschkirien u.a.) entlang des Wolga-Flusses heim, betraf zusätzlich auch angrenzende Gebiete in Kasachstan, im Südural, Nordkaukasus und in der Ukraine. Dabei stellte die gerade 1918 entstandene Wolgadeutsche Autonomie eines der Gebiete dar, die am stärksten von der Hungersnot betroffen waren. Allein in diesen beiden Jahren sind unter den Wolgadeutschen mindestens 107,5 Tsd. Personen bzw. 27% der Einwohner des autonomen Gebiets (der Arbeitskommune) verhungert oder an Seuchen und Krankheiten elendig zugrunde gegangen. Siehe dazu: Bürgerkrieg und Hungersnot in der Wolgadeutschen Republik. Tausende und abertausende deutsche Siedler verhungerten in der Ukraine und auf der Krim, im Nordkaukasus und in Kasachstan. Insgesamt kostete diese humanitäre Katastrophe dem Sowjetstaat nicht weniger als 5 Mio. Menschenleben.
Das Bayerische Kulturzentrum folgt dem Vorhaben, dieses einschneidende Ereignis der nationalen Geschichte gebührend zu gedenken. Es ist hierzu unter anderem vorgesehen, unmittelbare Zeugnisse jeglicher Art – vornehmlich in deutscher Sprache – zusammenzutragen. Dazu zählen Einzelpublikationen, Medienberichte, Sonderhefte, Flugblätter, behördliche Verlautbarungen, Plakate, Marken, Archivunterlagen, Bildmaterial oder Kunstwerke, private Briefe und Dokumente, persönliche Reflexionen über das Erlebte und dergleichen, damit man eine Vorstellung darüber bekommt, wie diese Katastrophe von den damaligen Zeitgenossen erlebt und wahrgenommen wurde.
Als erstes historisches Zeitdokument präsentieren wir diesbezüglich die Broschüre „Hilfe für unsere Brüder in Russland“. Es handelt sich um ein Sonderheft der Blätter des Deutschen Roten Kreuzes (Juni 1922):
Da die bolschewistische Macht zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fest etabliert war, sahen sich die neuen Herrscher dazu gezwungen, auf die Hilfe des Auslandes zurückzugreifen – unter anderem auch auf Hilfe aus Deutschland. Vor allem das Deutsche Rote Kreuz engagierte sich stark in der Hungerhilfe, u.a. für die „Brüder in Not“ – so wurden in der Weimarer Republik die Wolga-, Schwarzmeer- und andere Gruppen der deutschen Bevölkerung in Sowjetrussland benannt. Ausführlichere Informationen erhalten Sie hier.
Für jegliche Unterstützung dieses Vorhabens ist das BKDR sehr dankbar. Kontaktieren Sie uns dazu per Mail unter kontakt@bkdr.de oder wenden Sie sich direkt an Dr. Krieger unter v.krieger@bkdr.de.