Zur Entstehungsgeschichte der Petri-Pauli-Kirche in Tiflis
(Dokument des Monats)
Unser Quellenbestand zur Geschichte der deutschen Minderheit im Transkaukasus ist um ein weiteres seltenes Dokument reicher geworden. Es handelt sich um den „Bericht über den Bau der Evangelisch-Lutherischen PETRI-PAULI-KIRCHE in Tiflis 1893–1897“, herausgegeben vom Kirchenrat, Tiflis 1898.
In der Broschüre finden sich wertvolle Hinweise auf die Entstehungsgeschichte der städtischen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Tiflis (heute Tbilissi), die mit der Ansiedlung der württembergischen „Glaubensseparatisten“ im Herbst 1818 in direkter Verbindung steht.
Unter den anfänglich sieben Kolonien gab es eine unmittelbar in der Vorstadt mit dem Namen Neu-Tiflis. Dort wurde bereits im Februar 1834 das erste Kirchengebäude eingeweiht; die Siedlung selbst wurde 1861 eingemeindet und bildete seither den Kern des Kirchspiels Tiflis. Mit der Zeit wurden die Räumlichkeiten der einstigen Kolonistenkirche zu eng für die rasch wachsende Stadtgemeinde, und so beschloss der Kirchenrat, ein neues Gotteshaus zu bauen.
Die Broschüre enthält detaillierte Schilderungen nicht nur des finanziellen und bautechnischen Ablaufs der Bauarbeiten, sondern auch der innerkirchlichen Entwicklungen der Tifliser Gemeinde im 19. Jahrhundert. Am 18. Mai 1897 wurde die Petri-Pauli-Kirche unter großem Aufgebot von zahlreichen kirchlichen und weltlichen Würdenträgern, darunter Großfürst Nikolai Michajlowitsch und weitere hochrangige Vertreter der Militär- und Zivilverwaltung im Transkaukasus, eingeweiht.
Die Petri- und Pauli-Kirche von 1897.
In den Jahren 1899 bis 1930 stand dem Kirchspiel der Nachkomme der Neu-Tifliser Kolonisten, Richard Mayer (1869–1933), als Pastor und ab 1927 als Oberpastor der Transkaukasischen Gemeinden vor. Er starb später in Verbannung. Sein Nachfolger, Emil Reusch, amtierte mit Unterbrechungen weitere zwei Jahre (1934 – 1936) und geriet ebenfalls in die Mühlen der Sowjetmacht bzw. kam während der stalinistischen Repression ums Leben.
Das Kirchengebäude wurde 1946 abgetragen, angeblich von den dazu gezwungenen deutschen Kriegsgefangenen. Heute hängt an der Stelle, an der einst die Petri-Pauli-Kirche stand, eine Gedenktafel.
Gedenktafel an der Stelle der einstigen Kirche
Für diese wertvolle Quelle danken wir insbesondere dem Bundesarchiv in Berlin. Diese Institution unterstützt die Initiativen des BKDR tatkräftig, indem sie bereits mehrere Akten zur russlanddeutschen bzw. sowjetdeutschen Geschichte digitalisiert hat. Wir werden auf diese Kooperation an anderer Stelle ausführlicher eingehen.
Vollständiger Bericht über den Bau der Ev.-Luth. Petri-Pauli-Kirche in Tiflis (Quelle: Bundesarchiv, Berlin)