Erste russlanddeutsche Akademiker: Folgen 29, 30 und 31
Brüder Stenzel in Dorpat
Drei Brüder der Familie Stenzel aus dem Gouvernement Saratow studierten ebenfalls in Dorpat. Über das Leben und Werk des älteren, Johannes (1877–1946), der den Weg eines Seelsorgers eingeschlagen hat und lange Zeit an der Genezarethkirche in Berlin amtierte, ist vieles bekannt, hingegen kennen wir aus den Biografien der beiden jüngeren, Jakob (1882–1930) und Heinrich (1884 – nach 1910), die Medizin studiert hatten, nur wenige Details. Pastor Johannes Stenzel hat viel in verschiedener Periodika publiziert; von ihm stammen einige Bücher und mehrere Aufsätze über die Wolgadeutschen sowie die Christenverfolgung in Sowjetrussland.
Johannes Stenzel mit seinem bekanntesten Werk, Berlin 1923.
Sein Bruder Jakob Stenzel verließ Dorpat nach drei Semestern und setzte das Studium der Zahnmedizin im Ausland fort (mit Abschluss 1911). Er betrieb daraufhin eine Zahnarztpraxis in Jalta auf der Krim und starb nach einer längeren Krankheit 1930 in Simferopol. Seine Ehefrau Sinaida, geb. Sawtschenko, blieb mit ihrer gemeinsamen Tochter in der Stadt. Auch im August 1941 wurden beide wegen der ukrainischen Abstammung von Sinaida von der Deportation, die damals alle Deutschen in der Gegend betraf, verschont. Sie siedelten im November 1943 nach Deutschland über und ließen sich sogar im Januar 1945 einbürgern.
Bild: Abschrift der Einbürgerungsurkunde von Sinaida Stenzel, 1945
@ Bundesarchiv (zum Vergrößern klicken Sie auf das Bild).
Am wenigsten konnten wir bislang über den dritten der drei Brüder, Heinrich, in Erfahrung bringen. Die uns zur Verfügung stehenden Daten stammen ausschließlich aus seiner Studentenakte in Dorpat. Daraus geht lediglich hervor, dass er dort ab 1904 genauso wie Jakob Medizin studierte. Er wurde im Mai 1910 zu den Abschlussprüfungen zugelassen, diese aber, soweit es aus den Unterlagen hervorgeht, nicht bestanden. Anschließend bewarb er sich um eine Stelle als Landarzt im Bezirk Nowousensk, Gouvernement Samara. Danach verliert sich seine Spur.
BILD rechts: Heinrich Stenzel als Abiturient, 1903 @ Estnisches Nationalarchiv.