Erste russlanddeutsche Akademiker im Zarenreich (Folgen 11, 12 und 13)

In diesen Folgen setzen wir die Vorstellung der sogenannten Siedler-Kolonisten fort, die als Erste aus ihrem Milieu in den Genuss der akademischen Bildung gekommen waren. Die wachsenden Bestrebungen unter den deutschen Siedlern im Russischen Reich, ihren Kindern eine Hochschulbildung zu ermöglichen, förderten das Entstehen von akademischer Bildungstradition. In diesem Zusammenhang ragte insbesondere der Familienverband Koch aus Gnadental (Bessarabien) hervor. Der Patriarch Johann Jakob Koch, 1817 noch in Nagold, Württemberg, geboren und 1893 in Gnadental gestorben, war Küsterlehrer und hatte zehn Kinder. Sowohl seine zwei Söhne Georg Friedrich (geb. 1857) und Gottlob (geb. 1861) als auch vier Enkel, Kinder des Sohnes Christian Gottlieb (1849‒1907), studierten in Dorpat. Der letztere, Christian Gottlieb, war selbst Dorfschreiber in Gnadental und legte viel Wert auf gute Bildung seiner Kinder – wie schon an einer anderen Stelle erwähnt, vier davon wurden Akademiker: Immanuel (1887), Albert (1888), Friedrich (1890) und Rudolf (1892).


Der Lebensweg dieser Hochschulabsolventen verlief nicht ohne Krisen. Vier davon sind Pfarrer geworden: Georg Friedrich starb bereits im Alter von 32 Jahren. Der jüngste Sohn, Rudolf, konnte sein zunächst unterbrochenes Theologiestudium in Tübingen vollenden und bekleidete danach verschiedene Pfarrämter in Bessarabien (damals Rumänien) und nach 1945 in der Bundesrepublik Deutschland. Gottlob und Albert verblieben nach 1917 in Sowjetrussland und mussten als „Kultdiener“ bzw. als Vertreter der damals verhassten christlichen Kirche etliche Schikanen und Repressalien über sich ergehen lassen. Albert wurde 1937 verhaftet und erschossen.
Immanuel Koch studierte Medizin und wurde ein angesehener Arzt in Odessa. In den 1930er-Jahren wurde der Gnadentaler wiederholt verhaftet und landete schließlich im Straflager, wo er 1942 verstarb. Friedrich Christian betätigte sich nach dem Jura-Studium zunächst im heimischen Tarutino (Bessarabien) als Rechtsanwalt. Einer Quelle nach soll er später nach Kanada ausgewandert und Ende der 1930er-Jahre nach Deutschland zurückgekehrt sein.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie unter:

Dr. Viktor Krieger (Folge 11), Verzeichnis der deutschen Siedler-Kolonisten, die an der Universität Dorpat studiert haben, in: VadW, Nr. 06/2021, S. 32-34

Dr. Viktor Krieger (Folge 12), Verzeichnis der deutschen Siedler-Kolonisten, die an der Universität Dorpat studiert haben, in: VadW, Nr. 07/2021, S. 30-32

Dr. Viktor Krieger (Folge 13), Verzeichnis der deutschen Siedler-Kolonisten, die an der Universität Dorpat studiert haben, in: VadW, Nr. 08-09/2021, S. 58-59