„Spaziergänge entlang des Wolgaufers“
1979 beendete Frau Cunnar die Realschule in Pegnitz. Nach einem Schüleraustauschprogramm in New York sowie einer zweijährigen Ausbildung an der Nürnberger Fremdsprachenschule ging ihre schulische Laufbahn weiter. Über den zweiten Bildungsweg erlangte sie die Hochschulberechtigung. An der University of Wyoming sollte sie danach erst den Bachelor of Arts im Studienfach der International Studies und später den Master of Arts in der Anthropologie/Archäologie absolvieren. Während ihres Studiums arbeitete sie unter anderem als Verwaltungsangestellte in der Fakultät für Geologie, war Lehr- und Forschungsassistentin an der Fakultät für Anthropologie und Feldarchäologin bei Ausgrabungsprojekten in den USA, China und Sibirien. Sie war erste Ansprechpartnerin für Bibliothekare, Dozenten und Studenten, Forschende in der Benutzung der ethnografischen eHRAF World Cultures und der eHRAF Archaeology Datenbank, verfasste Tutorien und Lehrmaterial, half beim Aufbau von Teaching eHRAF und repräsentierte den HRAF Verein bei anthropologischen, archäologischen und bibliothekarischen Tagungen und Konferenzen. Zudem baute sie sich, bevor sie Teil des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland wurde, sowohl mit der „Stone Boat Farm Bed and Breakfast“ als auch mit dem „East Rock Apartment Rental“ zwei Kleinunternehmen in Connecticut (U.S.A) auf. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland war sie sehr glücklich, dass sie beim BKDR Fuß fassen konnte.
Mit der Kultur der Deutschen aus Russland kam sie jedoch schon viel früher in Berührung: „Bereits während meiner Studienzeit durfte ich im Rahmen eines Kulturaustausches an der Staatlichen Universität Saratow studieren. Ich habe viele Einblicke in die Kultur der Deutschen aus Russland bekommen. Neben dem Sprachkurs blieb genügend Zeit, um Spaziergänge entlang des Wolgaufers und der Uliza Nemezkaja, jetzt Kirow-Prospekt genannt, zu unternehmen. Außerdem erinnere ich mich noch an die Überreste der Kirchen am Ufer der Wolga – heute kann ich sie mit der schicksalhaften Geschichte der Russlanddeutschen in Verbindung bringen. Damals wusste ich darüber noch nicht Bescheid.“ Ihr Aufgabenbereich als Teamassistenz ist sehr vielseitig. Sie ist erster Ansprechpartner für die Besucher und Anrufer des Kulturzentrums. Darüber hinaus unterstützt sie insbesondere den Vorstand und die Geschäftsleitung, aber auch den Rest des BKDR-Teams und ist damit sehr glücklich: „Besonders gut gefällt mir, dass wir hier wirklich sehr viele verschiedene Aufgabengebiete haben. Der Tatendrang und die Lebensfreude, das kollegiale Umfeld und die positive Energie und Dynamik der Kolleginnen und Kollegen sind einmalig. Es ist super, dass der Chef mit guter und klarer Kommunikation die Arbeit im Kulturzentrum vorantreibt, denn die Russlanddeutschen brauchen eine Begegnungsstätte, die ihnen die Möglichkeit gibt, ihre kulturell vielfältigen Aktivitäten und Interessen zentral und nachhaltig zu koordinieren und zu fördern. Das Fachwissen der BKDR-Mitarbeiter ermöglicht diese Art der Unterstützung in allen Bereichen. Der Aufbau eines facettenreichen Kulturprogramms dient als wichtiger Baustein für das „Herantreten“ an die nicht-russlanddeutsche Öffentlichkeit. Aktuell laufen unter anderem mehrere Wettbewerbe für Künstler und Fotografen. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Auswahl an Werken verschiedener Künstler und Fotografen der Grundstein für eine Wanderausstellung sein könnte, die die Kunst und Kultur der Russlanddeutschen dauerhaft an die breite Öffentlichkeit bringt. Gleiches gilt für Stadtführungen, die gerade von Prof. Dr. Litzenberger für regionale Städte wie Nürnberg und Regensburg erstellt werden. Wenn erst einmal eine solide Struktur für ein Programm besteht, könnten z.B. Ortsgruppen der LmDR dieses Konzept für Stadtführungen in anderen Regionen Bayerns oder sogar anderen Bundesländern übernehmen.“
Mittlerweile ist Frau Cunnar seit über einem Jahr beim BKDR und von der positiven Entwicklung des Zentrums sehr angetan: „Ich bin immer wieder beeindruckt mit welchem Tempo Veranstaltungen und Projekte entwickelt werden und was das BKDR in einem Jahr schon so alles auf die Beine gestellt hat — zahlreiche Bildungsreisen nach Friedland/Detmold, internationale wissenschaftliche Konferenzen, Autorentagungen, etliche Publikationen, zahlreiche Vorträge und unzählige Veranstaltungen, um nur einige Dinge zu nennen. Man spürt den Enthusiasmus der russlanddeutschen Gemeinde und das Verlangen, ihre Kultur der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und diese ausleben zu können. In kürzester Zeit hat das Kulturzentrum es geschafft, ein „Leuchtturm“ der Russlanddeutschen zu werden — nicht nur regional, sondern ebenfalls überregional. Schon jetzt wird fleißig an internationalen Beziehungen, wie z.B. mit den USA, Russland, Ukraine, Kasachstan und Usbekistan gearbeitet.“
Für die Zukunft der Deutschen aus Russland wünscht sich Christiane Cunnar Folgendes: „Ich wünsche mir eine Verfilmung der russlanddeutschen Geschichte, vielleicht auf Terra X. Das würde der „nicht-russlanddeutschen“ Bevölkerung helfen, die komplizierte und schicksalhafte Geschichte dieser bemerkenswerten Volksgruppe zu erlernen und besser zu begreifen.“
Die Fragen stellte Stanimir Bugar.