Zum 80. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation des Hitler-Deutschlands

Das Kriegsende, den Tag des Sieges – in der UdSSR am 9. Mai gefeiert – empfanden die Sowjetbürger deutscher Nationalität im Jahr 1945 als große Erleichterung, verbunden mit Hoffnungen auf Besserung ihrer Lage. Man glaubte, nach dem entbehrungsreichen Einsatz in Arbeitslagern und Deportationsgebieten – auch als Beitrag zum Sieg über den verhassten Feind – endlich wieder als gleichberechtigte, vollwertige Sowjetbürger anerkannt zu werden, die Rückkehr in die heimatlichen Wohnorte der Vorkriegszeit antreten zu dürfen und die Neuerrichtung der autonomen wolgadeutschen Republik zu erleben. Kurzum: Man erwartete die Wiederherstellung des Vorkriegszustandes. Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen wäre in diesem Fall sicherlich bereit gewesen, schwerwiegende Rechtsverletzungen und rücksichtslose Ausbeutung als Auswüchse der Kriegszeit zu akzeptieren – als harte, aber letztendlich doch irgendwie zu rechtfertigende Maßnahmen im blutigen Ringen um den Sieg.

Eingangstor mit Wachhaus, ein Arbeitslager bei Tscheljabinsk.

Doch ihre berechtigten Erwartungen wurden bitter enttäuscht: Es dauerte weitere zehn Jahre, bis der Krieg Anfang 1956 auch für die Deutschen in der UdSSR formalrechtlich zu Ende ging. Bis dahin befanden sie sich als Sondersiedler in der Verfügungsgewalt der Sonderkommandanturen des Innenministeriums, durften die Orte der Pflichtansiedlungen im asiatischen Teil des Landes nicht verlassen und mussten schwere körperliche Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft, auf Baustellen sowie in Industriebetrieben leisten.

Weiterlesen