Abschlussaufsatz über Bessarabiendeutsche an der Universität Dorpat

Das aktuelle Jahrbuch der Bessarabien- und Dobrudschadeutschen enthält den Abschlussaufsatz unseres wissenschaftlichen Mitarbeiters, Dr. Viktor Krieger, über bessarabiendeutsche Studenten an der Universität Dorpat zu Zarenzeit. Den ersten Beitrag dazu im Jahrbuch 2022 finden Sie HIER! auf unserer Homepage.

Letztendlich konnten 48 Siedler-Kolonisten aus Bessarabien ermittelt werden, die in den Jahren 1802 bis 1918 in Dorpat studiert hatten, davon genau die Hälfte oder 24 im Hauptfach Theologie. An zweiter Stelle fungierte die Medizinausbildung (12), gefolgt von Rechtswissenschaften (6), Philologie/Geschichte (4) und den naturwissenschaftlichen Fächern (2).

Zeitlich betrachtet, weist das gesamte 19. Jahrhundert 20 Studierende aus der Region auf. In etwa genauso viele (19) besuchten die Bildungsstätte in den letzten acht Jahren ihres Bestehens (1911‒1918). Dies spiegelt nur einige Ergebnisse dieser Untersuchung wider. Im Aufsatz werden die vielfältigen Lebens- und Berufswege der studierenden „Kolonistensöhne“ ausführlich analysiert. Anstelle dieser russischen kaiserlichen Bildungsanstalt entstand im unabhängigen Estland ab 1919 die nationale Universität Tartu (siehe: Krieger, Viktor: „Siedler-Kolonisten aus Bessarabien an der Universität Dorpat, Teil II“, aus: Jahrbuch der Bessarabien- und Dobrudschadeutschen, Heimatkalender 2024, S. 33‒61.).

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Erste russlanddeutsche Akademiker im Zarenreich (Folgen 27 und 28)

Die Steinwandsein akademischer Familienverband aus Bessarabien

Daniel Steinwand (1857-1919), ein Porträt aus der Zeit um 1910. © Bundesarchiv, Berlin

Nachdem wir in den letzten Folgen dieser Reihe die Familie Seib vorgestellt hatten, möchten wir dieses Mal auf die Mitglieder der Familie Steinwand aus der ehemaligen deutschen Kolonie bzw. Siedlung Klöstitz in Bessarabien eingehen. Als Erster aus dieser Familie wurde Daniel Steinwand (1857–1919) Akademiker. Seine Eltern waren früh gestorben und er war deshalb zunächst in die Obhut von entfernten Verwandten aus der benachbarten Siedlung Sarata gekommen. Obwohl Daniel Steinwand „wenig Anregung für geistige Tätigkeit fand“ (wie ein Zeitgenosse von ihm bemerkt hatte), ließ er sich nicht entmutigen und kümmerte sich mit einem eisernen Willen um seine eigene Bildung, der ihn schließlich nach Dorpat, an die dortige Universität, führte. Nach dem Abschluss des Theologiestudiums amtierte er ab 1886 als Pastor im Kirchspiel Worms-Johannistal und ab 1908 in Odessa.

Er war eine bemerkenswerte Persönlichkeit, engagierte sich stark im Gemeinde- und Gesellschaftsleben. Die Liste seiner ehrenamtlichen Ämter und kulturellen Aktivitäten ist recht lang. Hier nur einige davon: Er regte jährliche Lehrerkonferenzen seines Kirchspiels an und gründete 1887 in Worms eine Schule für taubstumme Kinder samt Internat, Lehrerwohnungen und Werkstätten. Im „Südrussischen Deutschen Verein“ kümmerte er sich von 1906 bis 1914 um Schul- und Kirchenangelegenheiten. Er war einer von Initiatoren bei der Gründung des „Evangelischen Lazaretts für verwundete russische Krieger“, das 1914 in Odessa eröffnet wurde. Darüber hinaus entfaltete Pastor Steinwand eine rege publizistische Tätigkeit: Er gab Sammlungen seiner Predigten und Reden heraus, veröffentlichte zahlreiche Artikel in der „Odessaer Zeitung“ sowie anderen Presseorganen und redigierte etliche Jahre lang den „Christlichen Volksboten für die ev.-luth. Gemeinden in Südrussland“.

Jedem seiner vier Söhne ermöglichte er eine akademische Ausbildung bzw. Laufbahn. Zwei von ihnen gingen ebenfalls nach Dorpat und wurden genauso wie ihr Vater Pastoren: Friedrich (1888–1937) und Ludwig (1889 – nach 1941). Sein Neffe Eduard Steinwand (1890–1960) schlug eine ähnliche Laufbahn ein und wurde später sogar Professor an der Universität Erlangen.

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