Das Kulturerbe der Deutschen in der Ukraine

Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen setzt sich weiter konsequent mit der Geschichte und Kultur der deutschen Minderheit in der ehem. UdSSR auseinander. Auf der in Berlin vom 19. bis zum 21. Juni 2023 stattgefundenen Tagung ging es schwerpunktmäßig um das deutsche Kulturerbe in der Ukraine sowie um die gegenwärtige Lage der Minderheit angesichts des Krieges, in dem sich das Land nach dem russischen Angriff befindet.

Historische Entwicklungen in der Ukraine und die Geschichte ihrer Staatlichkeit beleuchteten in ihren Vorträgen die zwei ausgewiesene Experten Prof. Dr. Katrin Boeckh (Uni München) und Prof. Dr. Guido Hausmann (Uni Regensburg). Vor diesem Hintergrund erfolgten sowohl Beiträge zur geschichtlichen Entwicklung als auch zum kulturellen Erbe verschiedener regionalen Gruppen der Minderheiten der Galizien-, Bukowina-, Wolhynien-, Krim- und anderen Deutschen.

Unser wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Viktor Krieger referierte im Zuge dessen über die größte Gruppe unter ihnen, nämlich die der Schwarzmeerdeutschen. Aufgrund von zwei Weltkriegen, einem blutigen Bürgerkrieg, stalinistischen Verfolgungen und angesichts Deportationen und Flucht in den Westen, wurden Objekte der materiellen und geistigen Kultur der Schwarzmeer- und insgesamt der Deutschen in der Ukraine fast vollständig vernichtet. Der fast anderthalb Jahre andauernde russische Angriffskrieg zerstört unwiederbringlich auch die letzten Reste des Erbes, da die Frontlinie mitunter gerade durch die einstigen Siedlungsgebiete der nationalen Gruppe verläuft.

V. l. n. r.: Dr. Michajlo Kostiuk (Nationale Technische Universität Luzk, Ukraine), Dr. Viktor Krieger und Wolodymyr Leysle, Präsidiumsvorsitzender des Rates der Deutschen der Ukraine. Foto: ©Michajlo Kostiuk.

Dr. Krieger präsentierte ein Projekt des Bayerischen Kulturzentrums zum literarischen Erbe der deutschen Minderheit in der Ukrainischen Unionsrepublik in der Zwischenkriegszeit. Es trägt den Namen „Minderheitenliteratur auf der Anklagebank„. Dieses Erbe hat seine kurzzeitige Entwicklung Anfang der 1920er bis Anfang der 1930er Jahre erlebt. Praktisch alle deutschsprachigen Literaten, Journalisten, Redakteure oder Verlagsmitarbeiter wurden bis 1938 ins Straflager überführt oder ermordet. Anhand der Materialien aus den Archiven der ukrainischen Staatssicherheit („Slushba Bespeki„) soll ein wichtiges, bislang kaum erforschtes Kapitel der nationalen Literaturgeschichte erstmalig aufgearbeitet werden.

Dr. Krieger während seines Vortrages in Berlin. Foto: ©Michajlo Kostiuk.

Abschließend wurde unter anderem von einigen Vertretern der ukrainischen Minderheitenorganisationen und zuständigen staatlichen Behörden neben den Rechtsexperten für den Minderheitenschutz über das neue Minderheitengesetz der Ukraine diskutiert.

Nachstehend steht Ihnen die Einladung bzw. das Programm der Tagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen im Juni 2023 als Download zur Verfügung: